Berlin Geschichten

Zum 21. Geburtstag: Ein Tag ohne Google. Ein Experiment.

Häbbi Börsdäi Google. Groß biste jeworden. Im wahrsten Sinne … Grund genug sich mal ein paar Gedanken zu machen.

Denn ein Leben ohne Wham! und Last Chrismas wäre denkbar. Aber ein Tag ohne das Wissen und die unendlichen Möglichkeiten von Google wohl kaum noch. Nicht mehr im Jahre 2019.

Ich erinnere mich an den Beginn meines Studiums im Jahre 2001. Da war Google mit der hauseigenen Suchmaschine unter uns noch eine Art Geheimtipp. Wie dieses Internet im Allgemeinen auch. Gab nicht viel auf der Startseite zu sehen. Dafür konnten sich die Ergebnisse sehen lassen. Zumindest wenn man nach ihnen suchte.

Daher Suchmaschine.

Heute ist Google ja auch kaum noch aus irgendeinem Bereich des Lebens wegzudenken. Was nicht bedeutet, dass man das Wegdenken nicht zumindest mal versuchen sollte.

Ok, Herausforderung angenommen. Wie könnte so ein Tag ohne Google aussehen?

Kopfkino an

Ich stehe morgens auf und suche nach meinen Handy. Natürlich das aktuellste Modell. Nur das Betriebssystem ist etwas unpraktisch. Leider noch unpraktischer als das von anderen Herstellern, dafür aber auch weniger stabil. Und so ist es dann passiert, dass mein Handy mit dem Betriebssystem namens JAAF („Just another Apple Fake“) um exakt 3.11 Uhr in der Nacht eingefroren ist. Schon wieder. Daher klingelte der Wecker nicht und ich verschlief. Schon wieder.

Also raus aus den Federn und in meine Frau gerannt. Sie guckte etwas verunsichert aufgrund der aktuellen Wetterentwicklung, und fragte mich ob ich wüsste wie es sich denn heute noch so weiterentwickeln würde, das Wetter. Ich griff nach meinem frisch hochgefahrenen Handy und rief in tiefster Überzeugung ins das Mobilgerät „Hey JAAF“. Keine Reaktion. Ach so, JAAF beherrscht ja noch keine Spracheingabe in der aktuellsten Version 6.4.21 („Bierschinken“).

Ich werde nie verstehen wie die JAAF-Entwickler darauf gekommen sind ihre Versionen nach deutschen Wurstsorten zu benennen.

Die erste (beinah) lauffähige Version 1.0 („Zwiebelmettwurst“ setzte sich tatsächlich durch gegen „Geflügelleberpastete Komma streichzart“) war stabil, aber dünn vom Umfang.

Version 2.0 („Katenrauchwurst“) lief kaum, hatte aber einen Wecker und sollte mal einen Kartendienst bekommen.

Version 3.0 und 4.0 wurden dann aufgrund der Übersichtlichkeit zusammengelegt („Gemischte Berliner Aufschnittplatte“).

Version 5 wurde ausgelassen weil der Wecker nicht ging, und man sich mit einen großen Wursthersteller nicht über die Schutzwürdigkeit der geplanten Versionsbezeichnung „Bockwurst“ einigen konnte. So kam dann erst Version 5.9 („Grobe Leberwurst mit Gartenkräutern“) wieder auf die Handys, allerdings noch immer ohne lauffähigen Wecker.

Naja, Wetter gibt es dann also heute nicht, zumindest kein vorhersagbares. Ich renne also aus dem Haus, und schon wieder fehlt mir eine Art Software mit der ich Routen berechnen, Straßenkarten an- und Laufwege voraussehen, und Entfernung in Kilometern abschätzen könnte. Kann nicht irgendjemand sowas mal erfinden?

Ich würde ja JAAF um Rat fragen, aber JAAF hat ganz selbstbestimmt entschieden sich wieder schlafen zu legen. Gefährlich so ganz ohne Wecker.

Mit viel Glück erwische ich dann noch fast die richtige Bahn, und schon ist das Handy nach dem 3. Neustart wieder verwendbar. Heute ist mein Tag. Was haben die Menschen nur damals ohne diese Technik gemacht?

Dann lass uns mal etwas surfen und eine Suchmaschine verwenden die auch was taugt. Damit ich Yandex richtig benutzen kann hab ich sogar russisch sprechen und kyrillisch schreiben gelernt. Denn alle anderen Suchmaschinen sind einfach nicht des Inputs wert. Ich surfe also und surfe, verstehe praktisch gar nichts, surfe noch ein bisschen und sehe ein Musikvideo an. Leider nur eines.

Gibt es da nicht irgendwo an einer zentralen Stelle mehr davon? Das wäre doch eine Idee. Wenn es nur eine Webseite gäbe auf der man Musikvideos hochladen, sammeln und der Welt durch teilen zeigen kann. Vielleicht sogar witzige Filmchen wie die eigene Katze kotet oder der Hund harnt. Ach so ein Quatsch. Wer würde sowas filmen und dann auch noch anderen zeigen wollen? Und wer würde sich sowas auch noch 2,1 Millionen mal ansehen?

Ohne funktionierendes Handy, Wetterbericht, Routenplanung, anständige Suchmaschine und Musikvideo-Unterhaltung leide ich mich also durch den Tag. Ich bin mal wieder gezwungen stattdessen einen wenig mobilen PC zu verwenden, für den Live-Wetterbericht vor die Tür zu gehen und den feuchten Finger in den Wind zu halten. Für die Route muss ich einen anderen Routen-losen Menschen nach dem Weg zu fragen. Oder die Straßenkarte von Berlin auseinanderfalten. Ich entscheide mich gegen letzteres, da ich die niemals wieder sinnvoll zusammengefaltet bekomme.

Ich stelle bei meiner Yandex-Benutzung fest, dass mein Russisch unmöglich gut sein kann, sonst würde ich nicht dauernd solche Suchergebnisse sehen wo ich mich fragen muss ob der Typ dort einen Pullover trägt, oder einfach unglaublich behaart ist. Und Musik? Soll ich mir jetzt wieder einen Walkman besorgen, nur weil dieses Handy einfach keine Musik spielt? Wo bekomme ich sowas heute noch her?

Nein, das muss auch besser gehen. Ich habe einen alten Kumpel aus Studientagen, Larry Page. Der macht was mit Computern. Vielleicht kann der mir und der Welt helfen, wenn ich ihm meine Probleme nur eindringlich genug vorweine.

Kopfkino aus

Ich weiß nicht wie eine Google-lose Welt aussehen könnte. Ein bisschen komplizierter vielleicht. Weniger vernetzt bestimmt. Mehr Werbung im Internet die so überhaupt nicht meine Interessen trifft ganz sicher. Und ich könnte mich viel seltener profilieren wenn jemand kommt und Hilfe mit seinem Handy braucht. So haben wir also alle was davon.

Nur JAAF nicht.

Schade.

René

PS. Diesen Beitrag hatte ich in den Anfangstagen meines Blogs in ähnlicher Form einmal verfasst, und zum heutigen Google-Geburtstag angepasst und neu veröffentlicht. Wann auch, wenn nicht jetzt? 🙂

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