[ABC.Etüden 10.11.20] Reisen ohne Versicherung – Ein Leben am Limit
Reisen geht immer. Um so dankbarer sollte man sein, dass für den Reisezweck von Christiane, Corly und ihrem Blog „Corlys Lesewelt„ neue Begriffe zur Verfügung gestellt wurden, um diesen in den Textwochen 10/11 näher zu beleuchten. In der Abendsonne natürlich. Sie lauten:
Sonnenuntergang
warm
fliegen.
[Etüde an]
Man könnte ja meinen, dass man sich aufgrund der aktuellen Berichterstattung bereits in der Warteschlange vor dem Haupteingang des Jüngsten Gerichts befände. Dass das Leben praktisch jede Minute vorbei sein kann, weil es so gefährlich ist.
Wirklich gefährlich und am Limit scheint aber nur zu leben, wer bei einer Online-Buchung eines Fluges, einer Reise zu einem romantischen Sonnenuntergang oder eines Mietwagens tatsächlich das Angebot ablehnt einen Überlebensgaranten namens „Zusatzversicherung“ abzuschließen.
Das ist zumindest der Eindruck der sich aufdrängt, wenn man dieses einmalige, unglaubliche und natürlich zeitlich begrenzte Angebot ablehnt eine Gepäck-, Verspätungs-, Ausfall- oder Flugzeugplattreifenversicherung abzuschließen.
Daher bin ich bei der Meldung, die mittlerweile Teil eines jeden wohl durchdachten Buchungsvorgangs ist, stets nicht sicher, ob es sich hier um deine Drohung oder einen überdurchschnittlich freundlich gemeinten Hinweis handelt, wenn ich aufgeklärt werde, dass ich „bitte beachten möge, dass sie durch ihren Verzicht nun nicht (zusätzlich) versichert sind, sämtliche Risiken selber tragen und keinen weiteren Support erhalten werden“.
Oh nein. Da wollte ich im Winter nur eine Reise buchen, um dahin zu fliegen wo es in der Zeit warm ist. Also wärmer als die frühlingshaften 8 Grad in Berlin Anfang März. Und was passiert? Ich werde darauf hingewiesen, dass ich sämtliche Risiken selbst zu tragen hätte. Welche Risiken denn? Dass ich Kaffee verschütten könnte und die robuste Auslegware im Flieger ruiniere? Und war das je anders? Und welchen Support erhalte ich nun nicht? Unterstützung bei der Auswahl ob Gang- oder Fensterplatz? Sprachcomputer vs. echter Mensch am Telefon?
Aber gut, in diesem Bewusstsein wie sehr ich der letzte Rebell zu sein scheine buche ich trotzdem, und klicke mich mutig durch die gut gemeinten Zusatzdrohungen Angebote.
James Dean kann dabei kaum cooler ausgesehen haben, und ich wusste genau was ich tue.
Leben am Limit halt. Beim Online-Buchen.
[Etüde aus]
– Der BerlinAutor
13 Kommentare
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fraggle
Nun ja, James Dean hatte immerhin eine Wumme um den Nacken und die Schultern drapiert … 😉
rene_berlin
Das mache ich durch meinen coolen Charme wieder wett 🙂
fraggle
Ganz zweifellos! 🙂
rene_berlin
??
Katharina
Eine Gefahr hast du aber durch die Ablehnung des Angebots gebannt: In Werbung zu ersticken. Mein Postfach erholt sich bis heute von der „50 Euro Zusatzreiseversicherung“. ?
rene_berlin
Interessanter Punkt. Ich habe noch gar nicht drauf geachtet, ob man sich auch von Werbung freikaufen kann. Oder gegen eine Schutzgebühr sogar muss 😉
Werner Kastens
Ja Standhaftigkeit zeichnet die Tageshelden aus, die in der Blogwelt von Sonnenaufgang zu Sonnenuntergang fliegen ohne sich abzusichern, ob sie nicht auf einen fiesen Spruch oder einen hinterlistigen Ausdruck oder ein abgefeimtes Wort stoßen, die selbstsicher und unbeeindruckt ihren warmen Tee schlürfen und manchmal sagen: das nackte Wort eben war das Risiko wert.
rene_berlin
Genau so isses. Wir Wortakrobaten sind die letzten Freigeister 😉
romantickercarolinecasparautorenblog
Diese Drohungen – das siehst du schon ganz richtig -laufen bei mir völlig ins Leere. Erstens bekommt man diese Absicherungen beim eigenen Versicherung viel günstiger, zweitens hatten mein Mann und ich fast 10 Jahre lang nicht einmal eine Krankenversicherung – ohne negative Auswirkungen. Wir mussten damals die fünf Kinder privat versichern und konnten es uns schlichtweg nicht leisten. Das lässt mich behauptete Notwendigkeiten äußerst kritisch sehen und bisweilen lachhaft zu finden.
rene_berlin
Jabb, diese „Angebote“ sind so überflüssig wie nur was. Aber der Gewinn entsprechend hoch, denn bezahlter Service den kaum wer in Anspruch nehmen wird, bedeutet ja fast 100% Reingewinn 🙂
Christiane
Und dass du ja nicht mit ungewaschenen Händen deinen Flug antrittst, dir die Augen reibst oder staunend die Hand vor den Mund schlägst, wenn du die Schönheit des Sonnenuntergangs erblickst. Alles nicht versichert. Tja, Leben am Limit eben, ich finde, du hast das meisterhaft erkannt.
Liebe Grüße
Christiane ?☕??
rene_berlin
Richtig. Man ist ja manchmal so wenig bewusst darüber, wie schnell man sich dem Limit nähert. In diesem Zeit reicht es schon den Finger in der Bahn zu befeuchten, wenn man das Buch umblättern will 🙂
VG, René