[ABC.Etüden 38/39.19] Die Zahl des Tages: Drölf
Ich darf mich wiederholen, dass das Schöne an den Etüden ist, dass sie mir und uns eine Plattform zum Ausprobieren bieten.
Daher will ich die Textwochen 38 + 39 erneut nutzen und einfach einmal etwas völlig anderes schreiben. Praktisch ohne Zusammenhang. Einfach nur aus Spaß am Schreiben der Sache 🙂
Die Wörter auch zu diesem Experiment stiften Alice und ihr Blog Make a choice Alice, den Experimentalrahmen bietet wie immer Christiane. Die Begriffe lauten:
Roman
variabel
entlassen.
[Etüde an]
Drölf ist eine tolle Zahl.
Sie ist, was in der deutschen Zahlenreihe bis 345.887,8 fast einmalig ist, so vielseitig einsetzbar wie kaum eine andere. Daher also praktisch ein Unikat.
Sie entstand in Berlin kurz vor der Paulskirchenverfassung im Jahre 1848 / 1849 in der seinerzeit in der industriellen Aufbruchstimmung begriffenen Hauptstadt. Im Allgemeinen wird dem Zollmauernmaurer Roman von dem Drölv-Bärge dieser Geistesblitz zugerechnet.
Ihre Begründung war vor allem (s)eine Antwort auf das Fehlen einer variablen Zahl mit der sowohl unterschiedliche Maßangaben mit der selben Zahl abgedeckt, wie auch das aktiv-kreative Mitdenken des Nachrichtenempfängers gefördert werden sollte. Somit fungierte drölf seit ihren ersten Tagen der Existenz bereits als Gehirnschrittmacher light.
Der Überlieferung nach ist drölf eine Kombination aus 3, 12 und 1141 (ölfhunderteinundvierzig). Ausschlaggebend ist natürlich der Zusammenhang beim Gebrauch.
Spricht jemand also im kleineren Kreis in der Berliner Eckkneipe seines Vertrauens von einer Bestellung über „drölf Pils, ey!„, dann ist hier wohl sehr schnell für den Zapfwirt („Zapfen“) zu erkennen, dass er 3 Bier ausliefern möge. 12 und 1141 machen hier, aufgrund der offensichtlich überschaubaren Runde, keinen Sinn.
Drölf symbolisierte hier „erfreulich überschaubar und unbedenklich von der allgemeinen Mengenlage“.
Wohingegen die Personalabteilung einer Firma bereits eine Idee vom geplanten Personaleinsparvorhaben bekommt, wenn im Firmen-Newsletter zu lesen ist, dass „in der nahen Zukunft drölf Mitarbeiter entlassen werden sollen“. Hier fängt man natürlich eher an die 1141 demnächst freigestellten Mitarbeiter in Auffanggesellschaften umzuschichten.
Drölf symbolisierte hier einen „politisch korrekten und dennoch nicht negativ besetzen Sozialplan“.
Der Eierkauf unter Verwendung von drölf erklärt sich in diesem Zusammenhang von selbst. Wer wollte denn auch 3 Eier erwerben. Oder eben 1141 in dem Fall, so er nicht der Mayonnaise-herstellenden Industrie zugerechnet wird.
Drölf symbolisierte hier eine „sprachliche erfrischende Alternative zum bekannten Dutzend“.
Und so fand die Verwendung dieser Universalzahl ihre verdiente Verbreitung, was man von Dubzig und Poly-Brümpf nicht behaupten kann.
[Etüde aus]
René
32 Kommentare
elizzy91
Hallo! Das ist ja mal ein toller Text 😀 Wäre der Writing Friday nicht auch etwas für dich als Schreibtalent? 😀
fof_rene_berlin
Ich glaube Schreibtalent hat bis jetzt noch niemand im Zusammenhang mit mir verwendet. Finde ich ein bisschen gut 😉
Danke für die Idee, ich gucke mir das mit dem Writing Friday gerne einmal an
Ruhrköpfe
Drölf ist mir hier im Ruhrgebiet sehr geläufig. Dubzig kommt schon deutlich seltener vor und Poly-Brümpf kann ich nicht mal erahnen 😉
fof_rene_berlin
Ich hielt drölf und dubzig lange für Phantasieworte eines Vorgesetzten seinerzeit beim Bund. Bis ich Leute hörte die das verwenden. Auch wenn ich nicht mehr genau weiß wo das war. Und Poly-Brümpf … puuh, da verließen sie ihn 🙂
Ruhrköpfe
es waren sicher erst nur Phantasieworte und dann haben sie ihr Eigenleben entwickelt 😀
fof_rene_berlin
Jabb. Auf welch unterschiedlichen Wegen auch immer 🙂
Katharina
Richtig schlimm sind übrigens Drölfjährige. Denen begegnet man oft in Bahnen und Busses. Sehen aus wie 12, verhalten sich wie 3, denken aber sie hätten die Erfahrung eines 1141jährigen. 😉
Grüße, Katharina
fof_rene_berlin
Das ist wahrscheinlich die schlüssigste Argumentation und Erklärung zur Drölf. Sehr gut 🙂
Pingback:
Werner Kastens
Ich konnte tatsächlich nicht schlafen und dachte so bei mir:
Der drölfmaldrölfte im April
– man hört es schon am sächischen Gebrill –
fällt immer auf ´nen Karframstag
und wer war das nicht glauben mag,
der hat wohl kein recht` Sprachgefiehl.
fof_rene_berlin
Alles klar…dann lass mich das so sagen:
Die Drölf gibt’s nu ooch schon in Sachsen,
egal ob nieder- oder hochgewachsen.
Ooch wenn die eher nuscheln,
wie‘ n Mund voll mit Muscheln.
Ich mag diesen Stil, diesen laxen…
Werner Kastens
Und wie viel ist drölf mal drölf?
Ich werden wohl eine schlaflose Nacht haben, weil ich so viel Dope gegen den Schmerz in meinen Lachmuskeln nehmen muss und weil mich die Quadratur von drölf mehr beschäftigen wird als die wesentlich leichtere Quadratur des Kreises.
LG Werner
P.S. auch wenn Du mir jetzt eine auf die Drölf gibst!
fof_rene_berlin
Ich habe es noch mal nachgerechnet und es klingt tatsächlich unglaublich, aber drölf mal drölf ist natürlich…drölf…oder 42…je nach Zusammenhang.
Wenn du heute Nacht gar nicht schlafen kannst solltest Du vielleicht irgendwann zum kleinen drölf mal drölf übergehen und das durchrechnen. Wirkt irgendwann ermüdend… vor allem weil immer drölf rauskommt ??
Werner Kastens
Ja, guter Vorschlag. Das Kleine Drölf mal Drölf ist in meiner Verfassung sicherlich ausreichend.
alicemakeachoice
Phantastisch 🙂 dein Text ließ mich mit einem dicken Grinsen zurück. Ich überlege gerade, wie viele Jünger Jesus folgten…?
Liebe Grüße
Alice
fof_rene_berlin
Hmmm…die Antwort ist schwierig. Sie könnte drölf lauten. Wobei wir ja wissen, dass es drei nicht sein kann, denn die Könige haben ihn ja früher besucht. Und die 1141 wären dann später gewesen. Ich tippe also auf das Dutzend. Also drölf. Guck wie es funktioniert 🙂
alicemakeachoice
Dachte ich es mir doch fast. Wieder ein Geheimnis gelöst 🙂
fof_rene_berlin
So isses 🙂
Mrs Postman
Ich lerne hier nur eins, aber das wußte ich eigentlich vorher schon: du hast gepflegt einen an der Mammel. Bleib bloß so! ??
fof_rene_berlin
Ich verspreche weiterhin mein bestes zu geben, und drucke mir dieses Komplinent als Referenz aus 🙂
wortgeflumselkritzelkram
Ich lerne nicht aus und freue mich sehr (sprich – ich kugel mich drölfig vor Lachen auf dem Teppichboden), dass ich den Zusammenhang und Hintergrund nun endlich weiß 🙂
fof_rene_berlin
Es freut mich sehr, wenn ich hier vermittelnd tätig werden konnte. Ich hatte das gefühlte drölf Monde bereits vor 😉
Christiane
Ich brenne darauf, demnächst in einen Text oder ein Gespräch ein gepflegtes „Drölf“ einfließen zu lassen! Vielen Dank für die diesbezügliche Erweiterung meines Horizonts!
Liebe Grüße
Christiane, sehr erheitert 😀
fof_rene_berlin
Bitte tue das doch und sag mir dann welche Reaktion die drölf auszulösen wusste 😉
Myriade
Super, vor allem passt endlich einmal das Wort „variabel“ in den Text !
fof_rene_berlin
Stimmt…wann, wenn nicht in dem Zusammenhang 🙂
fraggle
Ein Hoch auf die drölf! 🙂
Die Überbewertung von beispielsweise Poly-Brümpf ist schon an der überschaubaren Menge an Ergebnissen bei einer entsprechenden Google-Suche erkennbar …
fof_rene_berlin
Womit bewiesen wäre wie wichtig unsere Aufklärungsarbeit hier ist 🙂
fraggle
Die wiederum – ganz im Gegensatz zu Poly-Brümpf – vollkommen unterbewertet wird! 😉
fof_rene_berlin
Das denke ich doch. Oder wusstest du um die Tatsache des „ölfhunderteinundvierzig“?
fraggle
Latürnich nicht – meine bescheidenen Kenntnisse reichten nur bis zur Paulskirche, der Rest war für mich neu … 🙂
fof_rene_berlin
Dann kannst du von dir behaupten morgens um die Zeit schon wieder was gelernt zu haben 🙂