[ABC.Etüden 4.5.20] Berliner Küchenkommunismus
Heute wird es politisch. Mehr oder weniger.
Aber für die Etüden lehne ich mich gerne aus dem Fenster. Die Wörter, in geheimer Mailwahl von Christiane bestimmt, kommen für die Textwochen 04/05 in 2020 erstmalig von Donka mit ihrem Blog OnlyBatsCanHang. Die neuen Begriffe lauten:
Papiertiger
belanglos
plätschern.
Jeder der bereits einmal in einer Wohngemeinschaft gelebt hat wird mitfühlen können. Denn das, was wir zu Studienzeiten in WGs und später im privaten Umfeld in Familien vorfinden, ist doch im Grund nichts anderes als eine seit Generation um sich greifende Ideologie. Sie ist nicht gefährlich, aber nervenaufreibend und mitunter kostspielig. Jedoch greift sie fast unbemerkt, aber stetig plätschernd, um sich. Die Rede ist vom berüchtigten
Berliner Küchenkommunismus (BKK)
Diesen zeichnet im Endeffekt die Idee aus, dass in einer Küche alles einfach allen gehört. Auch ungefragt. Privateigentum an Ressourcen wie Nutella, Kaffee oder Toast gibt es nicht, da hier die Meinung vorzuherrschen scheint „was ich nicht selber habe, kann ich mir bestimmt nehmen. Macht Darius-Johann aus dem dritten Semester ja auch.“
Das Schöne daran ist allerdings, dass der BKK nicht selten Leute unterschiedlichster Einkommensschichten, Herkunft und Bildung zusammenzubringen weiß. Denn vor allem in seiner am meisten verbreiteten Unterart, dem Kühlschrankkommunismus (KSK), geht es nicht selten um belangloses wie Butter. Diese könnte vom Sohn des Alt-68iger (hier der „Geber“ oder „Mit-Teiler“) unwissend, da unbefragt, mit dem Sohn des Herrn Professor (hier der „Nehmer“ oder „Ab-Teiler“) geteilt werden. Und so erreicht die Volkseigene Butter (VEB) das, was der Ellbogenkapitalismus seit Generationen nicht zu schaffen vermag. Könnte einen doch fast stolz machen.
Auf der anderen Seite ist der gefühlte Schaden durch den Butterraub (BER) für die Volkswirtschaft jedoch kaum zu beziffern. Könnten denn die Papiertiger aus Brüssel dagegen nicht etwas unternehmen?
Das Grundprinzip des Kommunismus scheint im Übrigen, wenn auch anders, ebenfalls für Geschirrspülmaschinen zu gelten. Denn neben oder auf dieser wird regelmäßig aufgebaut. Tassen, Teller und Besteck in sonderbaren architektonischen Formen, wie man sie sonst nur vom All-you-can-eat-Buffet kennt.
Nun gut, dann werde ich mir mal ein Butterbrot machen nehmen.
– Der BerlinAutor
In einem zweiten Teil gab es noch mehr über den Berliner Küchenkommunismus zu sagen
25 Kommentare
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schreibenwaermt
Ihr Esser hört die Signale…
rene_berlin
…auf zum letzten Menü. Die Erdbeer-Kaltschale bekämpft den Hunger erst recht…
rene_berlin
Hi. Ist es mit dir in Ordnung, wenn ich deine Anregund und Anlehnung an die Internationale für einen weiteren Beitrag verwende? 🙂
schreibenwaermt
Es ist mir eine Ehre.
rene_berlin
Super, dann sei es so 🙂
rene_berlin
Dann kann er jetzt eingesehen werden 🙂
Werner Kastens
Der kommunistische Umtrieb (koU) beginnt doch bereits hier bei den Etüden: ein jeder nimmt sich einfach das Recht, sie zu lesen, und nicht nur das, aus dem virtuellen gemeinsamen Kühlschrank auch noch angeblich SEINEN Senf dazuzugeben. Alles, was hier unter Aufopferung und quälend zu Papier gebracht wurde, wird somit als Allein Seligmachendes Volksgut (ASV) betrachtet? Welche Zustände haben sich da eingeschlichen! Unfassbar!
rene_berlin
Diese Meinung teile ich. Allein der Individualsenf ist doch ein Indikator der Gemeinschaftsverrohung (GeVo). Allein die VEB aus dem Kühlschrank der Gesellschaft kann da als ASV noch gegenwirken…
Werner Kastens
Und so stimmen wir denn an:
Brüder, zum Kühlfach, zur Butter,
Brüder, und den Senf dazu!
Hell aus dem dunklen Kühlfach
leuchtet die Zukunft hervor.
Hell aus dem dunklen Kühlfach
leuchtet die Zukunft hervor.
Seht, wie die Mitbewohner bangen,
endlos aus den Nächten quellen,
und in ihrer Sehnsucht Verlangen
Himmel und Nacht überschwemmen!
Brüder, rasch nun zur Wende,
Brüder, das Hungern verlacht!
Ewig, der Einkauferei ein Ende,
heilig diese letzte Schlacht!
rene_berlin
Werner, du bist der Beste. Mal schnell ein kleines Küchenmanifest gereimt. Sehr gut 🙂
Werner Kastens
Nein, bitte keine falschen Lorbeeren vergeben! Ich wollte nur einen strategischen Beitrag zu Deiner Kampagne leisten, indem ich eine aktualisierte Fassung eines schönen alten russischen Volksliedes beisteuere. Nur bezüglich der Fahne bin ich noch etwas unsicher. Rot mit Messer und Gabel?
rene_berlin
In Ordnung. Dann nehme ich die Bären zurück. Dazu noch eine Frage. Wäre das denn Eine Entbeerung?
Und bei der Fahne hast du recht. Gabel und Messer auf Kühlschrank auf rotem Hintergrund 🙂
Werner Kastens
Ja, Entbeerung hört sich gut an, wird sofort in den volkseigenen Wortschatz integriert (VW).
Die Ergänzung mit dem Kühlschrank: wow! da Krieg ich echt die Flatter.
rene_berlin
Zu Recht, und Grüße an den Wortschatz 🙂
Ist es mit dir in Ordnung, wenn ich deine Idee mit dem Manifest und der Fahne für einen weiteren Beitrag verwende?
Werner Kastens
Nur mutig voran, lieber Freund!
rene_berlin
Klasse, dann soll es so geschehen 🙂
rene_berlin
Er ist jetzt live 🙂
rene_berlin
Hat dies auf Ein Blog von einem Freund. Von Humor. Und Spass. Aus Berlin. Im Ernst! rebloggt und kommentierte:
Na, da wollen wir dem Herrn BerlinAutor doch mal unter die Arme greifen 🙂
Küchenkommunismus. Von Berlin. Für Berlin.
Christiane
Also, ich glaube nicht, dass sich der Berliner Küchenkommunismus (BKK) sehr stark vom Hamburger Küchenkommunismus (HKK) unterscheidet. In einer Familie ist es auch schwieriger, im eigenen Zimmer einen Kühlschrank zu haben, um Klauaktionen durch Familienmitglieder (KFM, auch KaFM) zu umgehen. Hm. Wichtiges Thema. Vielen Dank. ?
Herzliche Grüße gen Hauptstadt
Christiane ??☕??
rene_berlin
Ja, ich glaube diese -ismen sind nicht lokal beschränkt. So charmant ich die Idee mit einem Kühlschrank in jedem Raum der Wohnung auch finde, es lässt sich wohl rein praktisch nicht realisieren 🙂