[ABC.ETÜDEN 6.7.21] Rückschritte in die Zukunft 1
Besondere Rückschritte in die Zukunft
Christiane hat zu den wieder zu Etüden geladen. Die Wörter stammen dieses Mal von Torsten mit seinem Blog Wortman. Sie lauten:
Affe
neu
blockieren.
[Etüde an]
Vor einiger Zeit hat man beim Fluchen noch „Zetermordio“ gerufen, wenn man seinen Frust über etwas Luft machen wollte, das so absurd wie kaum begreifbar erschien. Somit wäre dieser Ausdruck praktisch die antiquierte Urform des modernen „wattafak“.
Einen solchen Moment erlebte ich kürzlich als ich las, dass die Stadt Berlin aktuell ein Neuland-Pilotprojekt gestartet hat. Projekte im Allgemeinen sind ja, bis auf wenige Ausnahmen, in Berlin für sich genommen schon abenteuerlich genug. Im Zuge der Neulandgewinnung will man nun aber herausfinden, ob der hauptstädtische Lehrkörper es gebacken kriegt mit (sicherer) E-Mail-Kommunikation umzugehen. Und ob sich bei Nutzung selbiger vielleicht sogar Vorteile erkennen oder ablesen lassen. Dazu kommen dann noch High-End-Anwendungen wie Kalender, Schreibprogramm und Dateispeicher. Wow, da will wohl die Verwaltung mit aller Macht und neuer Technik ins 21. Jahrhundert aufbrechen, und macht gleich Nägel mit Köpfen. Wenn auch zunächst erstmal vorsichtige Projektnägel mit umsichtigen Testköpfen.
Man testet nun also die unglaublichen Möglichkeiten der elektronischen Mediennutzung in Berlin. Im Jahre 2021 testet man in Berlin mit E-Mail und Videokonferenz. Und wenn alles gut läuft, dann sollen alle 33.000 Lehrer sowas bekommen. Zwar eher perspektivisch, aber wohl noch im Jahre 2021. Höchstwahrscheinlich.
Ich weiß noch nicht so genau ob mich das ängstigen oder mich zum Ausruf „Auf zu neuen, digitalen Ufern!“ verleiten soll. Ich drücke die Daumen, dass es gut ausgeht, und es nicht nur eine hingehaltene Möhre wird. Denn diesen massiven technischen Fortschritt versprechen und dann nicht einhalten, das wäre doch …
Daher bleibt mir schlussendlich nur zu hoffen, dass wir uns damit nicht am Ende des Tages wieder zum Affen machen. Na klar wissen wir über uns selbst zu lachen. Aber in skandinavischen Ländern waren Schulen schon vor 20 Jahren komplett vernetzt, während hierzulande der Ausbau des breitbändigen Internets seit Jahren blockiert wird.
Also dann, brechen wir auf. Aber schön langsam …
[Etüde aus]
Mir ist natürlich klar, dass die Versorgung einer ganzen Verwaltungseinheit schwieriger ist, als wenn ich mir bei Google eine Mailadresse registriere. Aber das Ganze dann erst nach ca. 20 Jahren in Angriff zu nehmen? Ich weiß nicht …
– Der BerlinAutor
9 Kommentare
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Katharina
Ich war 2002 auf einer finnischen Schule zum Schüleraustausch. Danach kam mir Deutschland wie Mittelalter vor. Ist irgendwas zwischen traurig und lachhaft, dass hier noch der gleiche Stand ist wie 2002. 😪
BerlinAutor
Exakt…und anstatt endlich mal konsequent Glasfaser auszubauen, finden wir immer wieder neue Techniken noch mehr aus dem Kupferdraht heraus zu holen…
Werner Kastens
Wer glaubt, dass eine Ver-waltung je an Fortschritt interessiert gewesen ist, der glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten.
BerlinAutor
Tun sie das nicht? 😉
Woran diese interessiert sind ist mir manchmal auch nicht ganz klar. Habe aber die Hoffnung um ein gewisses Effizienzstreben trotzdem nicht gänzlich aufgegeben … noch nicht 🙂
Christiane
Ich hatte mal mit der Berliner Verwaltung zu tun (frag nicht 😉). Seitdem weiß ich, dass die Mühlen dort extrem langsam mahlen, wenn alle Bezirke gefragt werden müssen, weil dort Fußangeln ausgelegt sind, an die man als normaler Mensch nicht denkt.
Seitdem verstehe ich auch, dass der BER ein bisschen länger gedauert hat. Sei froh, wenn die S-Bahn jeden Tag fährt 😉
Den Rest würde ich vorsichtig optimistisch abwarten … 😁
Morgenkaffeegrüße aus dem sonnig-frostigen Hamburg 😁🌥️❄️☕🍪👍
BerlinAutor
Ja, ich verstehe was du meinst. Irgendwann scheint man es einfach aufgegeben zu haben eine Verwaltung effizient organisieren zu wollen 🙂
Und die S-Bahn fährt zwar, das ist gut. Wir haben jetzt hier aber allerdings eine neue Fehlermeldung. Aktuell heißt es aufgrund von witterungsbedingten Störungen gibt es Verzögerungen. Haha.
Aber es liegt eben wirklich so viel Schnee wie seit ca. 10 Jahren nicht. Hier ein Bild aus meinem Fenster:
https://berlinautor.de/wp-content/uploads/2021/02/20210209_111410-scaled.jpg
VG, René
Christiane
Hübsch 😁
Könnte sein, dass bei euch mehr liegt als hier. Sieht nach nicht so viel aus, aber Städte haben mit großflächigen Einsätzen ja immer Probleme – verwaltungsbedingt.
Verwaltungen sind Moloche 😁
BerlinAutor
Oh ja … und so schließt sich der Kreis 🙂 Mir gefiele in dem Zusammenhang der Plural „Molöcher“ viel mehr 😉